Mittwoch, 24. März 2010

Erdbebengefahr in Istanbul

Erdbeben vorherzusagen ist immer so eine Sache.

Man könnte es am ehesten mit einem einsturzgefährdeten Haus vergleichen - das Haus mag in 2 Stunden, 2 Wochen oder 20 Jahren einstürzen, genauer kann ein Statiker es nicht sagen. Der Haken ist: Spannungen und Stress sind nicht direkt sichtbar, nur indirekt. Beim Haus fangen vielleicht die Balken an, sich zu biegen, es splittert oder macht komische Geräusche. Bei Erdbeben gibt es auch "gebogene Balken", aber mit ein paar Problemen - zum einen ist die Auflösung der Instrumente schlecht, zum anderen baut sich die Spannung oft über Jahrtausende auf, man kennt also manchmal gar nicht den Ausgangszustand.

Anders gesagt: Man beobachtet die Balken im einsturzgefährdetem Haus aus zwei Kilometern Entfernung und weiß noch nicht einmal, ob die Balken nicht sogar krumm gehören, könnte ja ein ästhetischer Einfall des Architekten gewesen sein. Man hat weder Baupläne noch Zeugen, die jemals im Haus gewesen sind. Dann versteht man vielleicht die Problematik der Erdbebenvorhersage.

Was nicht heißt, dass es völlig unmöglich ist.

In Istanbul (genauer: im Marmara Fault System) gibt es jetzt neue Fortschritte. Durch präzise Messung der Blattverschiebungsraten konnten Geophysiker Modelle entwickeln, die Spannungsfelder anzeigen - ein "durchgebogener Balken":



Das letzte Mal hat es 1766 gewackelt, seitdem akkumuliert sich die Spannung. Wahrscheinlich wird sich diese eher in einer Reihe kleinerer Beben irgendwann entladen, was aber auch kein großer Grund zur Beruhigung ist. Problematisch ist vor allem die Stadt selbst: Istanbul hat rund 15 Mio. Einwohner und nach Schätzungen sind bis zu 85% der Gebäude illegal errichtet.

Hier gibt es das gesamte Paper.

Hier gibt es einen Artikel darüber im Spiegel... der aber etwas fragwürdig ist. Wie türkische Ingenieure da gleich 150.000 Tote ausrechnen wollen, ist mir schleierhaft.

(via Rapid Uplift)

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