Sonntag, 31. Januar 2010

Wie eine unsinnige Einheit den Spritverbrauch erhöht

Ich sag's gleich: Für (Kontinental-)Europäer ist dieser Post möglicherweise uninteressant. Doch die Psychologie und Mathematik von Einheiten finde ich äußerst faszinierend, also lohnt es sich trotzdem, darüber Bescheid zu wissen.

Über die Amerikaner (und Briten) und ihre Maßeinheiten kann man sich immer gut lustig machen. Eine Meile sind 1.760 Yard, ein Yard 3 Fuß, ein Fuß 12 Zoll, ein Zoll 2,54 cm. Eine Gallone sind genau 231 Kubikzoll oder 128 Flüssigunzen oder 16 Tassen oder 3,78 Liter.
Wasser gefriert bei 32° F und kocht bei 212° F.

Teilweise finde ich die amerikanischen Einheiten ganz praktisch, da sich manche Sachen in Gedanken besser vorstellen lassen. Zudem erlernt man so schon als kleines Kind die Bruchrechnung. Für den Haushalt ist das natürlich in Ordnung, für die Wissenschaft eher nicht.

Eine Einheit geht jedoch gar nicht, sie verzerrt völlig die Wirklichkeit, belastet das Klima und kostet den Verbraucher Geld. Die Rede ist von MPG, miles per gallon, der gebräuchlichen amerikanischen und britischen Einheit für den Spritverbrauch. Der Umrechnungsfaktor zu L/100km ist 235, allerding mit 235 als Divident. Also 10 mpg=235/10=23,5 L/100km.
Oder 3,3 L/100km=235/3,3=71 mpg. Die beiden Einheiten stehen somit reziprok zueinander.

Um Verbrauch oder Ausgaben auszudrücken, wird überall auf der Welt das gleiche Einheitenprinzip benutzt: Menge pro Dimension. Eine Waschmaschine braucht 20 Liter Wasser pro Waschgang, in der Wüste sollte man 5 Liter pro Tag trinken, ein Mensch sollte mindestens 2000 Kalorien am Tag zu sich nehmen. Ein Manager verdient 200.000 Euro im Jahr, ein Lagerarbeiter 6 Euro pro Stunde. Teppich kostet 20 Euro pro laufendem Meter. Und so weiter.

Keiner käme auf die Idee, die Einheiten umzudrehen, im Kaufhaus wird man nie das Schild finden: "Teppich - nur 5 cm pro laufendem Euro!" (vor allem wäre dann das "nur" auf einmal falsch, aber auch "Teppich - riesige 5 cm pro Euro!" klingt bescheuert)

Doch genau das passiert bei MPG.

Hier wird es interessant: Das Prinzip Menge/Dimension ist so selbstverständlich in unser Unterbewusstsein integriert, dass das Gehirn die gleiche Größenabschätzung auch für "miles per gallon", also Dimension pro Menge benutzt. Das wäre im Beispiel der Teppichpreise relativ egal, aber MPG ist hyperbolisch und nicht linear. Das Ganze ist ziemlich abstrakt, also muss ein Rechenbeispiel her:



Auf den ersten Blick scheint der Wechsel von 25 auf 50 mpg sinnvoller, schließlich erhält man 25 Meilen extra, verglichen mit nur 10 Extrameilen im anderen Fall. Ich muss gestehen, dass ich da auch reingefallen bin. Übrigens: Wenn man die gleiche Rechnung auf dem Papier mit L/100km macht, ist der Effekt weg und der korrekte Wechsel erscheint auch auf den ersten Blick plausibler.


Was hat das jetzt zu bedeuten? Meiner Meinung nach recht viel. Der für uns Europäer exorbitante Verbrauch mancher US-Fahrzeuge hat hierzulande schon immer Kopfschütteln verursacht. Doch nach dieser Rechnung merkt man, dass der Verbrauch bzw. die Verbrauchsdifferenz für amerikanische Augen ganz anders aussieht. Durch diese dämliche Konvention scheint sich der Kauf eines spritsparenden Autos viel weniger zu lohnen.

Sinnvoll wäre es, die Einheit einfach vom Gesetz her ändern zu lassen. Allerdings würde sie immer noch in den Köpfen der Menschen verbleiben. Zumindest könnte man jedoch für mehr Aufklärung sorgen, dass die Leute sich den Verbrauch auch genau ausrechnen.

In einer früheren Version waren ein paar div-classes zerschossen, seltsamerweise aber nicht bei mir unter XP. Danke für die Hinweise.

Mond durch nukleare Explosion entstanden?

Gestern fand sich diese seltsame Meldung auf spiegel.de: "Mond soll durch Nuklearexplosion entstanden sein". Kurz gesagt geht es um die Idee, dass der Mond nicht wie bisher vermutet durch den Impakt eines marsgroßen Körpers abgeschlagen wurde, sondern durch eine nukleare Explosion aus der Erde herausgesprengt.

Ich halte das für unrealistisch, da sehr viele Probleme aufgeworfen werden, die sich mit aktuellen Modellen nicht lösen lassen. Aber dafür muss ich etwas weiter ausholen. (Im Folgenden nenne ich die neue Theorie einfach Explosionstheorie)

Nun ist die Entstehungsgeschichte des Mondes in der Tat ein Gebiet mit vielen Fragezeichen - einfach deswegen, dass es so lange her ist und wenig Spuren hinterlassen hat. Aber einige Spuren gibt es eben doch, und leider wird auf diese im Artikel nur sehr wenig eingegangen.

Nach aktuellen Messungen über Wolfram-Isotope wird das Mondalter auf 30-70 Millionen Jahre nach der Erdentstehung geschätzt.

Noch vor wenigen Jahrzehnten war die Entstehungsgeschichte des Mondes praktisch unbekannt und mehrere Thesen wurden gleichwertig diskutiert (sie waren sogar ein Hauptmotivator für die Apollo-Missionen). Heutzutage gilt die erst 1975 entwickelt Kollisionstheorie als allgemein anerkannt. Im Einzelnen kann man sich diese Theorien im Wiki anschauen, ich will hier nur einen kurzen Abriss geben:

  • die Abspaltungstheorie: Von einer heißen, (zäh)flüssigen und schnell rotierenden Proto-Erde schnürte sich ein „Tropfen“ ab und bildete den späteren Mond.
  • die Einfangtheorie: Erde und Mond entstanden unabhängig in verschiedenen Regionen des Sonnensystems; bei einer engen Begegnung fing die Erde den Mond durch ihre Gravitation ein.
  • die Schwesterplanet-Theorie: Erde und Mond entstanden gleichzeitig und nahe beisammen.
  • die Kollisionstheorie: Die Proto-Erde kollidierte mit einem großen Körper und aus der weggeschleuderten Materie bildete sich der Mond. (Diese wird zur Zeit praktisch von allen Wissenschaftlern akzeptiert)
  • und schließlich die neue Explosionstheorie.
Letztendlich haben alle diese Theorien einige Erklärungsprobleme, die Kollisionstheorie jedoch am wenigsten.


Die Abspaltungstheorie ist heute praktisch vom Tisch, da die erforderliche Fliehkraft viel zu groß wäre und hinten und vorne in kein Modell passt. Aus dem Gedanken entstand jetzt die neue Explosionstheorie, um die fehlende Kraft zu erklären. Abgesehen von der Quelle dieser Energie gibt es noch ein weiteres Problem, den Drehimpuls.
Bezeichnet für das Erde-Mond-System ist der ungewöhnlich hohe Drehimpuls. Dieser lässt sich mit der Kollisionstheorie gut erklären (siehe Bild), geht man von einem stark tangentialen Einschlagswinkel aus.

Computer simulations modelling a giant impact are consistent with measurements of the of the Earth–Moon system, as well as the small size of the lunar core [Canup, R.; Asphaug, E. - Nature, 2001]


Die Explosionstheorie hat an dieser Stelle meiner Meinung nach Erklärungsprobleme, da der Gesamtdrehimpuls erhalten bleibt, mit oder ohne Explosion (aber sich bei einer Kollision ändern würde). Wenn er davor und danach gleich ist, müsste sich die Erde vor der Explosion unvorstellbar rasant gedreht haben. Was wiederum die Frage aufwirft, wie ein solcher Drehimpuls in der protoplanetaren Scheibe entstehen konnte.

Als nächstes wäre da die Roche-Grenze, welche astronomische Körper auseinanderreißt, wenn sie sich zu nahe kommen. Diese Grenze verhindert Monde unterhalb eines bestimmten Orbits und stellt somit auch ein Problem für die Abspaltungs- und Explosionstheorie dar, da der Mond die Grenze "von unten" ohne Fremdimpuls durchqueren muss.

Ein weiteres Gegenargument für die Abspaltungstheorie gilt möglicherweise auch für eine Explosion: Der Mond eiert. Um 5,145 Grad, um genau zu sein, weicht die Bahn von der Ekliptik ab - welche man bei der Abspaltung erwarten würde. Die Autoren von der Explosionstheorie gehen ebenfalls von einer äquatorialen Abspaltung aus, siehe weiter unten.

Auf der anderen Seite hat auch die Kollisionstheorie einige Lücken. Insbesondere fehlt dem Mond Gewicht (die Dichte ist geringer, als man erwarten würde), der Anteil an Eisen zu gering, der an Volatilen vermutlich zu hoch. Das größte Problem: Neueste Untersuchungen legen nahe, dass der Mond und der Erdmantel nahezu identisch sind, und sich kaum Anzeichen auf den Impaktor finden lassen. Aber im Vergleich mit den Alternativtheorien wird die Kollision von den meisten Wissenschaftlern bevorzugt, hat jedoch streng genommen nur den Status einer Hypothese.

So, das waren ein paar Gedanken zur astronomischen Geometrie. Die viel spannendere Frage ist natürlich, wie es überhaupt zu einer "natürlichen Atombombe" kommen konnte. Leider steht im Artikel nur sehr wenig darüber, welche Überlegungen und Rechnung die Autoren angestellt haben. Nur ein oberflächlicher Absatz:

In 2900 Kilometer Tiefe herrschen wahrhaft höllische Verhältnisse: Bei Temperaturen wie auf der Sonne lastet auf jedem Quadratzentimeter das Gewicht von 1300 Tonnen. In Silikatgesteinen strahlen radioaktives Uran und Thorium. Wären die Substanzen örtlich um das 20fache angereichert, könne es zur nuklearen Kettenreaktion kommen, meinen de Meijer und van Westrenen. Am Ende würde der Planet explodieren.

Im englischen Original steht das noch ein wenig ausführlicher:

Their hypothesis is that the centrifugal forces would have concentrated heavy elements like thorium and uranium on the equatorial plane and at the Earth core-mantle boundary

Also nicht nur durch Konvektion, sondern vor allem durch die Zentrifugalkraft der Erdrotation. Ich bezweifle jedoch sehr, dass solch ein Prozess die nötigen Massen an die nötigen Stellen transportieren kann.

Zudem würde ich ebenfalls die Äußerung

"Ich würde vermuten, dass es nicht zur Aufheizung und Explosion käme, weil die Energie zuvor durch Vulkanismus abgebaut würde."

von Tilman Spohn vom DLR unterschreiben. Die erforderlichen Konvektionen für eine Anreicherung würden ebenfalls die Energie sehr schnell wieder abtragen und verteilen, wodurch sich nie genug ansammelt. Allerdings habe ich dafür keine Zahlen, es ist mehr ein Bauchgefühl. Das Erreichen einer superkritischen Masse in der erforderlichen Menge für eine Explosion dürfte zudem extrem unwahrscheinlich sein. (Der gleichen Meinung ist auch Gunnar Ries @Amphibol) Vor allem: Sobald genug Masse da ist, um superkritisch zu sein (sprich, ein paar Kilogramm), geht das Ganze eigentlich sofort hoch, ohne auf nachfolgendes Material zu warten.

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Auf jeden Fall eine interessante und spannende Idee, die zudem zeigt, wie stark die Wissenschaft immer in Bewegung ist.

Eine Abschlussidee: Wie sieht das denn bei anderen Planeten aus? Venus und Merkur haben keinen Mond und die von Mars sind kaum der Rede wert. Theoretisch müssten jedoch alle eine ähnliche Menge an schweren Elementen abbekommen haben. Könnte eine solche nukleare Explosion auch noch heute stattfinden? Und wäre die Explosionstheorie richtig, müssten der Anteil radioaktiver Elemente nicht dort möglicherweise höher sein, wo es keine Explosion gab? Ich bin gespannt, was die Zukunft an neuen Erkenntnissen bringen wird. Eine Möglichkeit der Untersuchung wären Spaltprodukte wie Helium-3 und Xenon-136 auf dem Mond.



http://www.sciencemag.org/cgi/content/abstract/310/5754/1671
http://www.physorg.com/news183884450.html
http://arxiv.org/abs/1001.4243
http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/hintergrund/281634.html?page=0

Freitag, 29. Januar 2010

Avatar-Trilogie, Sex und Yahweh

Jetzt ist es offiziell: Avatar ist der erfolgreichste Film aller Zeiten. Mit $1.85 Mrd. steht der Film noch vor James Camerons bisherigem Rekordhalter - Titanic - auf Platz 1. Bedenkt man, dass rund ein Viertel bis ein Drittel der Box-Office-Statistiken normalerweise im DVD-Verkauf und Verleih erzielt werden, könnte der Film innerhalb der nächsten Jahre sogar noch die unvorstellbare 3-Milliarden-Dollar-Grenze durchbrechen. Möglicherweise könnte der Release auch den lange erwarteten Durchbruch von Blu-Ray Medien und Geräten in Deutschland bringen.

Wer ihn immer noch nicht gesehen hat, sollte ihn sich unbedingt anschauen, am besten in 3D, am besten auf Englisch. Trotz der platten Dialoge und dem vorhersehbaren Plot.

Soviel dazu, ist ja alles nichts neues. Allerdings gibt es ein paar neue kuriose Geschichten rund um den Film:
  • Als wir aus dem Kino kamen, hatten alle den gleichen Gedanken: "Ob die wohl beim Sex ihre komischen Zöpfe ineinander stecken?" (Laut einer unbestätigten Umfrage haben durschnittlich 80% der Zuschauer beim Film diesen Gedanken).
    Die Antwort: Ja, sie tun genau das. Und es wird sogar noch besser - diese Szene wurde gefilmt, aber zugunsten einer PG-13-Einstufung wieder herausgeschnitten. Im DVD-Release soll diese dann wieder enthalten sein. Unten findet sich ein Link zum Skript, falls jemand nicht so lange warten möchte. Die Schaulspielerin Zoe Saldana sagt dazu:
If you sync to your banshee and you're syncing to a tree, why not sync into a person? I almost feel like you'll have the most amazing orgasm, I guess. It was a very funny scene to shoot (...)
  • Was natürlich die Frage aufwirft, inwiefern die Darstellung von Alien-Sex unter den Jugendschutz fällt. Wahrscheinlich sehen sie dafür aber zu menschlich aus. Und Moment mal - wenn sie mit ihren Haar-Tentakeln Sex haben, aber die Dinger auch jeden Tag in ihre Pferde stecken... Nein, lassen wir das.
  • Angeblich gibt es auch eine gelöschte Szene, in der erklärt wird, was eigentlich beim Haar-Verlust passieren würde.
  • Die Göttin von Pandora, "Ey'wa", ergibt rückwärts ausgesprochen "Yahweh". Ob das Zufall ist oder Cameron damit irgendwelche Christen ärgern wollte, ist nicht überliefert.
  • Die künstlichen Avatare haben alle 5 Finger, die Na'vi jedoch nur 4. Zudem haben sie Augenbrauen, die Na'vi nicht.
  • "Marine" (im Sinne von "Soldat") heißt auf thailändisch "Navi". In der Thai-Version wird dann tatsächlich auch Jake Sully vom Navi zum Na'vi. Im Koreanischen wiederum bedeutet "Navi" Schmetterling.
  • Jake Sully hat die gleichen Initialien wie John Smith, der Held von "Pocahontas" - dessen Plot nahezu der Gleiche ist.
  • Die unglaublich wertvolle Substanz im Film heißt "Unobtainium", zu deutsch etwa "Unerreichbarium"
Cameron hat inzwischen angekündigt, auf Grund des Riesenerfolges noch mindestens zwei weitere Avatar-Filme zu drehen. Wahrscheinlich sogar in weniger als 12 Jahren, immerhin ist die Technik ja ausgereift. Am meisten hoffe ich, dass sie auch beim Drehbuch etwas mehr wagen. In einem Interview gab Stephen Lang (der böse Colonel) ominöse Gerüchte, er seit vielleicht doch nicht tot und tauche in den Nachfolgern vermutlich wieder auf. Um Gottes Willen! Nicht noch so ein aufgekochtes Oh-das-Monster-lebt-ja-doch-noch-Sequel ohne Sinn und Verstand. Der Stoff gibt genug her, also traut euch mal was!


http://io9.com/5439885/deleted-avatar-sex-scene-opens-up-some-serious-bestiality-issues
http://www.heute.at/freizeit/kino/Aufregung-um-Avatar-Sex-Szene-entfernt;art758,194445
Original-Skript:
http://www.huffingtonpost.com/2010/01/11/avatar-sex-scene-script_n_419441.html
http://www.imdb.com/title/tt0499549/trivia

Donnerstag, 28. Januar 2010

Notiz in eigener Sache: www.atwasi.de

Ab jetzt bin ich auch über die leichter zu merkende Domain atwasi.de erreichbar, sowie auf Twitter unter http://twitter.com/Atwasi.

(Ist mir erst vor ein paar Tagen aufgefallen, dass man den Titelspruch so ganz gut abkürzen kann. Leider war das klangvollere awasi.de schon vergeben und das eigentlich richtige atwsi.de hört sich doof an)

Außerdem kann jetzt jeder auch ohne Anmeldung Kommentare abgeben.

Dienstag, 26. Januar 2010

Wie fühlt sich ein Schlaganfall an?

Wie mag sich wohl ein Schlaganfall anfühlen, aus der Sicht eines Ich-Erzählers? Und wie geht man damit um, erst recht wenn man selbst hochdekorierte Neuroanatomistin ist und genau weiß, was gerade passiert?

Die großartige, unterhaltsame und bewegende Beschreibung gibt's hier:



(auch wenn sie vielleicht ein bisschen gaga ist...)

Google Streetview erweitert Angebot

Als Geowissenschaftler habe ich stets eine riesige Neugier, die Welt zu erkunden und Neues zu entdecken. Dummerweise bin ich aber auch ein wenig faul. Daher freue ich mich über jede Möglichkeit, dies bequem vom Schreibtisch aus tun zu können.

Vom Kartendienst Google Maps haben sicher schon alle gehört, von Google Streetview vielleicht noch nicht. Kurz gesagt ist Streetview eine riesige Sammlung von Straßenansichten (als Kugel-Panoramabild), welche von fahrenden Autos alle paar Meter aufgenommen wurden - daher der Name. Innerhalb der Software kann man sich somit von Szene zu Szene hangeln und ganze Landstriche erkunden. Wenn man mal ein ganzes Wochenende nichts zu tun hat, könnte man theoretisch die ganze Strecke von Los Angeles nach New York abfahren und sich jeden einzelnen Meter anschauen.

Das ganze fing vor einigen Jahren in Amerika an, wo inzwischen nahezu 100% des gesamten Straßennetztes online "abfahrbar" sind. In den letzten Jahren kamen auch die meisten anderen Industrienationen dazu, vor allem Frankreich, Spanien und Italien. In Deutschland wurden auch Aufnahmen gemacht - aber, wie es bei solchen Themen hierzulande nunmal ist - war die Empörung über Datenschutz und Privatssphäre enorm. Ich will das gar nicht groß kommentieren, doch die Diskussion hatten den Effekt, dass Deutschland als einziges westeuropäisches Land bisher gar nicht in Streetview auftaucht.

Der Sinn des ganzen ist natürlich fraglich. Für mich ist es zumindest ein netter Zeitvertreib für ein paar Stunden, allemal besser als Fernsehen gucken. Und man findet stets Ecken, in denen man schon mal war oder schon immer mal hin wollte.

Weshalb ich heute davon berichte? Vor zwei Tagen gab es das letzte große Update, in denen auch erstmals Aufnahmen aus meinem Lieblings-Urlaubsland Schweden auftauchen, sowie vom Ätna (Exkursionsziel letztes Jahr).



Mausrad: Zoomen, Doppelklick: "Hinhangeln", Pfeiltasten rauf/runter: nächstes Bild, WASD: Bildauschnitt bewegen


2001 von Lava überflossenes Haus am Ätna, inklusive britischer Touristen:
(Woher ich weiß, dass es Briten sind? Ist ein kleines Bilderrätsel)

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Lavatunnel am Ätna in Sizilien:

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Schweden, endlose Seen und Wälder:

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Ausführliche Auflistung der dargestellten Länder, technischen Hintergründe, etc.

Abwesenheitsnotiz

Entschuldigt bitte meine längeren Abwesenheit, die letzten 10 Tage waren alle etwas hektisch und arbeitsreich. Jetzt gibt es ein paar mehr Sachen auf einmal.

Donnerstag, 14. Januar 2010

Haiti-Beben

Kaum bin ich mal einen ganzen Tag lang unterwegs (erst Uni und direkt danach "Seismologen-Stammtisch"), passiert in Haiti eines der schwersten Beben der Landesgeschichte und ich bekomme kaum etwas davon mit.

Die Auswirkungen des Bebens sind bisher kaum abzuschätzen. Besonders traurig macht mich der Gedanke, dass die schlimmsten Ereignisse oft die ärmsten Länder treffen.

Doch egal wie viele Katzen angeblich vorher ins Freie fliehen - Erdbeben bleiben nach wie vor praktisch unvorhersehbar. Jedoch ist dies eines der größten aktuellen Forschungsfelder der Geophysik und es wird weltweit daran gearbeitet. Solche Ereignisse machen einem dann schmerzhaft klar, warum.

Zum Erdbeben an sich kann ich gerade wenig schreiben, ich muss mich erst selbst informieren. Auf dem Geo-Blog von Gunnar finden sich auch ein paar gute Artikel dazu.

Dienstag, 12. Januar 2010

Kurze Rezension: The Greatest Show on Earth

Nach einer Gallup-Umfrage glauben mindestens 40% der Amerikaner nicht an die Evolution und sind sich sicher, die Erde sei jünger als 10.000 Jahre. Als Geowissenschaftler hantiert man täglich mit gigantischen Zeiträumen von Jahrmillionen, da machen einen solche Umfragen einfach nur sprachlos.

Ein Problem ist aber auch: In einer Diskussion fehlen einem oft die richtigen, griffigen Argumente, um anderen etwas zum Thema zu erzählen. Man weiß in etwa wie das funktioniert - aber nicht unbedingt, wie man das kurz und knackig auf den Punkt bringen kann. Dafür gibt es nun Abhilfe.

Zu Weihnachten hat mir jemand das Hörbuch zu The Greatest Show on Earth: The Evidence for Evolution von Richard Dawkins geschenkt. Und ich muss sagen: Ich bin begeistert! Sein letztes Buch Der Gotteswahn / The God Delusion war ja auch in Deutschland ein Bestseller, allerdings hatte es einige Ecken und Kanten, die mir nicht sonderlich gefielen. In Greatest Show on Earth geht es wiederum nur ganz am Rande um Religion, quasi ein Back-to-the-roots-Buch für den Evolutionsbiologen Dawkins. Somit kann ich dies auch allen Theisten sehr ans Herz legen.

Dawkins baut sehr behutsam (wahrscheinlich, um Kreationisten nicht gleich zu verschrecken) positive Beweise für die Evolution an sich auf und beleuchtet das Thema von allen erdenklichen Perspektiven. Sicherlich ist das nicht neu, Bücher dazu gibt es wie Sand am Meer. Doch alle diese Bücher haben ein Problem: Man schreibt entweder zu hochtrabend und vergrätzt die interessierten Laien - oder man schreibt zu simpel und langweilt die etwas Fortgeschrittenen. Dieses Buch trifft den optimalen Mittelweg so perfekt, wie ich das noch nie in den Populärwissenschaften gesehen habe. Es werden alle Aspekte sorgfältig abgedeckt, ohne zu kompliziert oder zu langweilig zu sein. Das ist eine wirklich große Kunst. Für mich waren viele neue und unbekannte Inhalte dabei - oder noch wichtiger: viele praktische und geniale Argumentationswege.

Nach dieser Lektüre kann man sagen, Evolution wirklich verstanden zu haben.

Das Hörbuch wird im Englischen ungekürzt von Richard Dawkins selbst und seiner Frau Lalla Ward vorgelesen. Eine deutsche Version soll in einigen Monaten erscheinen.

Montag, 11. Januar 2010

And the Water seems inviting

Heute hat mich Florian auf seinem Blog verlinkt, worüber ich mich sehr gefreut habe.

Für diejenigen, die sich über den Titel wundern, hier eine kurze Geschichte dazu:

1978 produzierte der schon damals bekannte Astronom Carl Sagan eine dreizehnteilige Doku-Serie für PBS namens "Cosmos", in der er von den Wundern des Kosmos, der Erde und der Natur erzählte. Die Reihe gilt als eine der meistgesehensten der Welt, insbesondere die Kraft seiner poetischen Stimme und die Schönheit seiner Visionen wurden zum Merkmal des Programms (und die damals atemberaubenden Spezialeffekte).

In Deutschland lief die Serie zum letzten Mal in den 80ern, leider sehr stark gekürzt und mit schlechter Synchronisation. Ich empfehle jedem Wissenschaftsinteressierten, sich dieses Juwel einmal in Ruhe anzuschauen. Auf youtube findet man schnell alle Teile, z.B. im Kanal von Zuke696 (der User hat praktische ALLE astronomischen populärwissenschaftlichen Dokus der letzten Jahrzehnte hochgeladen, insgesamt 1446 Stück - Wahnsinn!), oder einfach über die Suche.

In der Einleitung von Cosmos taucht dann auch der Satz auf, den ich als Blogtitel wählte:

The surface of the earth is the shore of the cosmic ocean
on this shore, we have learned most of what we know
recently, we have waded a little way up
and the water seems inviting




Für mich verkörpert dieser kurze Satz den wichtigsten Grund, warum wir Wissenschaft machen. Wir stehen vor einem riesigen Meer des Unbekannten - und scheuen nicht davor, sondern freuen uns darauf, mutigen Schrittes in das Wasser zu waten, auf eine ungewisse und hoffnungsvolle Zukunft.

Mittwoch, 6. Januar 2010

18 Minuten für die Zukunft der Erde

Kennt Ihr nicht auch dieses wunderbar wohlig-sehnsüchtige Gefühl, wenn man einem richtig guten Vortrag lauscht, voller Leidenschaft, Optimismus, Vision?

Solche Vorträge finden sich inzwischen in riesigen Massen auf youtube, so dass einen die Länge und Menge völlig erschlägt. Doch viele dieser Vorträge sind so unvorstellbar großartig, dass man sie gar nicht verpassen darf. Da kann ich vielleicht helfen.

An dieser Stelle möchte ich Euch von der TED Conference erzählen, der vielleicht wichtigsten kulturell-naturwissenschaftlich-technologischen Allround-Konferenz der Welt. Sie findet jedes Jahr in Long Beach, Californien statt. Weitere Ableger gibt es seit ein paar Jahren auch in anderen Ländern.

Dort können Menschen aller Art und aller Hintergründe ihre Visionen, Ideen und Lebensgeschichten erzählen, in 18 Minuten. Immer 18 Minuten, egal ob der Redner bekannt ist oder nicht.

Unter den Vortragenden finden sich die üblichen Verdächtigen: Michael Shermer, Richard Dawkins, Al Gore, Bill Clinton, Bill Gates, Carolyn Porco, Stephen Hawking, Brian Cox - aber auch viele unbekannte Gesichter mit umso interessanteren Geschichten.

Hier möchte ich Euch ein paar der besten Vorträge und Reden davon zeigen, viele davon gehören zu dem Faszinierendstem, was ich im meinen ganzen Leben je gesehen habe.


Fangen wir an mit Juan Enriquez: Tech evolution will eclipse the financial crisis